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Der Schüler

created Nov 2nd 2015, 14:49 by SteffiKarsten


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Damals lebte ich in einem fremden Land, in dem Mandarinenbäume, Palmen und Akazien wuchsen. Es war dort meistens warm und sonnig und die Leute recht freundlich. Als sich die Geschichte, die ich hier erzählen will, zutrug, war ich noch mit Leo verheiratet. Es war eine langweilige Beziehung, ohne Höhen, ohne Tiefen, eine flache Ebene ohne Gras, ohne Blumen. Mein ehemaliger Mann verdiente wenig Geld, er war ein rechter Versager und auch des Nachts schlief er ein, nachdem er mich nur wenige Minuten gestreichelt hatte.Ich blieb zurück mit einer Glut, die zwar nicht ihm galt, aber dennoch sehr stark war. Die Tage verliefen eintönig, ich kaufte ein, kochte Suppen und Eintöpfe, manchmal backte ich ihm Zitronenkuchen oder bereitete Schokoladenmousse zu. Aber es war doch ein sinnloses Unterfangen. Abends zündete ich Kerzen im goldenen Kandelaber an, deckte den Tisch feierlich mit weißen Spitzenklöpplerdecken, legte Musik auf, von der ich annahm, dass sie ihm gefallen würde. Doch sobald wir nebeneinander lagen in unserer fliederfarbenen Seidenbettwäsche und ich im schwarzem Negligee, da fror seine Hand schon nach kurzen Berührugen in tiefem Schlaf ein. Eines Morgens, die Sonne schien fahlgeld hinein, sagte er zu mir, während er bedächtig sein Frühstücksei aufklopfte: Liebe Mina, ich glaube, du musst arbeiten. Wir brauchen Geld. Ich kann die Wechsel nicht mehr bezahlen. Ich zuckte zusammen, ließ mein Marmeladenbrot ungeschickt auf den Teller fallen, Rotes spritzte blutartig auf die weiße Decke. Arbeiten? Ich arbeiten, fragte ich bestürzt. Aber was? Du kannst Deutschunterricht erteilen, sagte er bestimmt. Ich schüttelte den Kopf immer wieder. Und dann sprang ich auf von meinem Stuhl und lief ans Fenster und betrachtete verzweifelt die Mandarinen. Kleine, runde Früchte, glatt und prall.Mina, jetzt beruhige dich doch, Liebes. Ein, zwei Schüler und die halbe Miete ist schon bezahlt. Obwohl ich große Angst hatte, es war ja etwas Neues, das hatte ich noch nie gemacht, setzte ich eine Anzeige in die Zeitung. Muttersprachlerin erteilt qualifizierten Deutschunterricht. Lange Zeit passierte nichts und bei jedem Anruf fuhr ich zusammen, spürte das Salz aus allen Poren brechen. Und eines Tages war es soweit. Eine Frau rief an. Bald stellte sich heraus, dass es sich um ihren Sohn handelte. Er sei siebzehn, gege in die dritte Klasse des Lyzeums und wolle sich nun auf die Deutschprüfung im August vorbereiten. Wir vereinbarten einen Termin für den kommenden Nachmittag. Am nächsten Tag wurde mir schlecht. Mein Magen rebellierte, ich konnte keine Nahrung in mir behalten, bis ich völlig erschöpft auf dem Sofa liegen blieb. Natürlich rief ich die Frau an und sagte ab. Sie war etwas konsterniert, so schien es mir, aber wir vereinbarten einen neuen Termin. Schließlich trafen wir uns am darauffolgenden Tag. Es war ein milder Mainachmittag, die Margeriten und der rote Klatschmohn küssten die Wiesen und die Sonne glühte ihrem Untergang entgegen. Ich hatte mir zur Feier des Tages ein kobaltblaues Kostum aus Knitterleinen angezogen, dessen Rock meine wohlgeformten Beine bis eine Handbreit über den Knien freigab. Keine Strümpfe, denn es war warm. Die Haut an meinen Beinen war bereits leicht getönt, was der Mutter meines zukünftigen Schülers sofort auffiel. Ach, Sie sind ja schon so braun, sagte sie und ein Hauch von Neid schwang in ihrer Stimme mit. Mir war das peinlich. Ich nahm Platz auf einem spießigen, etwas abgewetzten Blumensofa, in der Wohnung roch es nach Haustieren, nach Nicht-Lüften, nach gebratenem Fisch. Vor den Fenstern hingen vergilbte Gardinen, die den Blick auf die Tiefebene mir den Olivenhainen und dem gegenüberliegenden Marmorberg versperrten. Die Frau hatte schmale, verkniffene, rosa geschminkte Lippen und orangefarben lackierten Fingernägel. Sie trug ein lilafarbenes Sporttrikot und erklärte, dass sie gerade aus ihrem Sportstudio käme. Ihr Körper war eigenartig, sie war nicht groß und Proportionen waren seltsam. Ganz kurze Beine, ein sehr breiter Hintern, ein fast fehlender Busen. Und dann musterte sie mich von oben bis unten und stellte mir lauter peinliche, intime Fragen. Wie lange ich schon im Lande sei, warum ich hier sei, ob verheiratet, Kinder? Wie alt? Bei den meisten Antworten darauf schwindelte ich. Währenddessen kam der Hund und begann meine Füße zu lecken. Es war eine Promenadenmischung, Schoßhundimitation, die Augen kaum sichtbar. Ich streichelte sein zotteliges Fell, obwohl er unangenhem roch und dann sprang der Hund auf mich. Der Hund mag dich, sagte die Frau. Sie duzte mich einfach so. Ich nickte irritiert und streichelte den Hund weiter und er leckte eine Hände, was mich ekelte, aber ich ließ ihn gewähren, um einen guten Eindruck zu machen. Tierlieb. Un dann rief sie meinen potentiellen Schüler. Charly, rief sie. Und dann noch lauter, Charly! Mein Herz klopfte nervös. Wie würde Charly sein? Ich wurde immer nervöser, streichelte den Hund immer weiter und dann kam Charly. Langsam und lautlos kam er ins Wohnzimmer, zögernd musterte er mich und dann lächelte er. Erleichtert wie mir schien. Charly war sehr groß für sein Alter, fand ich. Ungefähr 1,85 m. Sein Körper war muskulös. Breite Schultern, kräftige Arme, kräftige Beine. Sein Händedruck ebenfalls. Ich wunderte mich, denn in meiner Vorstellung hatte ich ein kleines, dünnes, blassen Jungchen erwartet. Sein Gesicht war klassisch geschnitten, die Nase nicht zu groß, gerade, die Augen zwar klein, aber intelligent, lebhaft. Die Lippen fein gezeichnet, sinnlich. Das Einzige, was sein Alter verriet, war die Haut. Seine Haut war von Aknepusteln übersät, zwar ohne Eiter, man merkte dass er seine Haut pflegte, aber nichtsdestotrotz waren seine Wangen zwei rosarote Fleckenteppiche. Charly sah gut aus, er sah wirklich gut aus, obwohl er diese Fleckenteppiche im Gesicht hatte. Einen schönen Menschen kann nichts entstellen. Seine Ausstrahlung war magnetisierend, aber ich spürte sofort, das er keine Freundin hatte, noch nie eine gehabt hatte und dass diese Pusteln damit zusammenhängen musste.Genauso erleichtert wie Charly war, war ich auch. Ich mochte ihn auf Anhieb. Er war mir vertraut, sympathisch. Seine Mutter und er tauschten Blicke aus und ich wusste, sie hatte sich für mich entschieden. Am Montag darauf fing der Unterricht an. Montag, Mittwoch und Freitag von drei bis fünf hatten wir vereinbart. Ich kaufte mir die notwendigen Bücher und fuhr zu dem Haus, an dem der Putz abblätterte und die weiße Treppe immer schmutzig war. Hundespuren.Die erste Stunde verlief gut. Charly strengte sich an und auch ich versuchte mein Bestes zu geben. Es stellte sich bald heraus, dass er sehr intelligent und lernfähig war. Er hatte schon mit mehreren Lehrerinnen versucht, Deutsch zu lernen. Aber es ging nicht, sagte er und es schien mir, als würde er mir zuzwinkern dabei. So, als ob er sagen wollte, ich sei die Auserwählte, die es ihm endlich beibringen würde.Vom ersten Augenblick an, war da eine seltsame, undefinierbare Spannung. Aufgrund des großen Altersunterschiedes jedoch und Charlys Minderjährigkeit, beachtete ich diese Spannung nicht. Wäre ich damals von Anfang ehrlich gewesen zu mir selbst, dann hätte ich diese Spannung als dasm was sie war, erkannt. Es war sicher eine erotische Spannung, ein Knistern bei jedem Blick, jeder Handbewegung. Auf beiden Seiten. Eine Berührung und die Furcht würde platzen und sich auf den Teppich ergießen. Jedes Mal, wenn Unterrichtstag war, wachte ich morgens lange bevor der Wecker klingelte mit einem eigenartigen Gefühl auf. Ich war aufgeregt, meinen Körper durchzog eine Erregung, wie nach einer schlaflosen Nacht. Lange Zeit verbrachte ich vor dem Kleiderschrank, konnte mich nicht entscheiden.Das eine war zu konservativ, das andere gab zu viel preis, das wollte ich auch nicht. Ich zog Kleider an, aus, an, aus, zum Schluss war immer ein Kleiderberg auf dem Bett im Schlafzimmer, den ich nach dem Unterricht wieder beseitigen musste. Ich wollte Charly eigentlich nicht verführen. Dazu war ich viel zu puritanisch, zu gewissenhaft, zu streng mit mir. Aber mein Gefühl rebellierte ständig dagegen. So zog ich immer wieder an schwachen Tagen enge Hosen, bauchfreie Oberteile oder zu kurze Röcke an und wenn ich dann Charly gegenübersaß und seine Blicke mich bis auf die nackte Haut auszogen, dann rutschte ich nervös auf meinem Stuhl hin und her und versuchte den Schaden zu begrenzen, indem ich an meinem Rock zog und zerrte, um das Heraufrutschen zu vermeiden. Aber auch dieses verklemmte, pubertäre Getue nahm Charly mit sichtlichem Genuss auf. Lass den Rock doch in Ruhe. Es stört mich nicht, sagte er und grinste so unverschämt, dass ich rot wurde. Die Zeit verging und Charly fühlte sich immer freier, seine Blicke blieben hängen an meinem überdurchschnittlich großen Busen oder an meinen vollen Lippen und er zog seinen Blick nicht mehr, auch wenn ich ihn dabei ertappte. Ich hatte alle Mühe, seine Konzentration wieder auf die Deutschübungen zu lenken, es ging bald nicht mehr. Ich hörte seinen Körper nur noch rufen. Ich will dich. Hier und jetzt. Aber so sehr ich mich auch sträubte, das Schicksal nahm seinen Lauf. Ich kaum noch etwas, nahm ab, was mich jedoch attraktiver machte. Und wenn ich mein Gesicht im Spiegel betrachtete, dann sah ich ein eigentümliches Leuchten und Glitzern in meinen Augen. Mein damaliger Ehemann bemerkte nichts. Er führte meine Veränderung darauf zurück, dass ich endlich eine Beschäftigung hatte.

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